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      Komme möglichst spät in die
    Musikprobe, du fällst dann recht angenehm auf. Der Kapellmeister freut
    sich, dass du doch noch gekommen bist. Er klopft gern ab, lässt die Plätze
    wechseln, damit auch du einen Platz erhältst und wartet geduldig, bis du möglichst
    umständlich dein Pult aufgestellt, die Noten gesucht und deine Privatgespräche
    beendet hast. 
      
   Sollte auf deiner Klarinette ein Polster
    oder das Blatt unbrauchbar sein, sollte die Mechanik auf deiner Trompete
    versagen, dann repariere den Fehler nicht etwa zu Hause, sondern während
    der Probe. So erhältst du diverse gute Ratschläge kostenlos und die
    Kollegen warten gern. 
      
   Gibt der Dirigent das Zeichen zum
    Beginn, so geht dich das nichts an, sondern blase einige Tonleitern und
    Kadenzen. Der Kapellmeister kann warten, du hast dich ja auch gedulden müssen,
    bis er so gnädig war. 
      
	Das Einstimmen des Instruments ist eine
    unnötige Prozedur. Verlasse dich auf dein wundervolles Gehör, das dich nie
    betrügt! Durch Nachlassen oder Treiben des Tones erzielst du immer eine
    einwandfreie Stimmung. 
      
    Klopft der Kapellmeister bei einer
    schlecht klingenden Stelle ab, so blase noch wenigstens zehn Takte weiter,
    du kannst dich bei dieser Gelegenheit als Solist hören lassen und der
    Kapellmeister wird dir eine Anerkennung nicht versagen können.
	
      
    Gibt der Dirigent seine Erklärungen, so
    höre nicht auf diesen Quatsch. Wenn du während dieser Zeit eine heikle
    Stelle übst oder dich mit deinem Nachbarn unterhältst, dann hast du die
    Zeit entschieden besser genützt. Was kann dir schon ein Dirigent Neues erzählen.
	
      
    Die dynamischen Zeichen sind höchst überflüssige
    Dinge. Blase ruhig hurtig darauf los, der Komponist würde sich ehrlich
    freuen, wenn er dich und deine hochmusikalische Auffassung bewundern könnte.
	
      
    Nimmst du die Noten mit nach Hause, dann
    jedenfalls nicht zu dem Zweck, um in einer freien Stunde zu üben. Kommt
    eine Stimme in Verlust, so ist das kein Schaden, der Kapellmeister fühlt
    sich hoch geehrt, wenn er dir eine neue Stimme schreiben darf.
	
      
    Ein geborgtes Instrument hat große
    Vorteile: Du brauchst nicht so sorgfältig damit umzugehen, es gehört ja
    nicht dir! Nach mehrmaliger Aufforderung gibst du es dann endlich mit Dank
    und etlichen Beulen zurück. Der Eigentümer leiht es dir gern wieder.
	
      
    Solltest du
    einmal etwas von Orchesterdisziplin hören, dann protestiere energisch.
    Von Militärdienst willst du nichts mehr wissen.
	
      
	Gibt es
    Meinungsverschiedenheiten, dann drücke energisch darauf, dass deine Ansicht
    zur Geltung kommt, eventuell mit der furchtbaren Drohung, dass du ansonst
    den Dreck hinwirfst. Das macht Eindruck und verschüchtert die anderen.
    Bedenke niemals, dass du ein Teil des Ganzen bist.
	
      
    Wird bei
    einer Ausrückung ein Marsch angesagt, dann funke eiligst mit der Ansage
    eines anderen Marsches dazwischen. Wenn dann 20 Mann mit fünf verschiedenen
    Märschen einsetzen, so ergibt, dies einen unerhörten Effekt und hebt das
    Ansehen des Vereins. 
      
    Lasse dich
    niemals dazu verleiten, zu einem Konzert dein Instrument zu putzen, die
    Reflexe der Bühnenbeleuchtungen könnten das Publikum blenden. Der Zuhörer
    ist dir bestimmt dankbar für diese Aufmerksamkeit.
	
      
    Wird ein
    klassisches Musikstück gespielt, dann versuche bei günstigen Stellen zu
    jazzen, das verschönt ungemein und es ist hoch an der Zeit, dass dieser
    alte Kram modernisiert wird. Ein Haydn, Beethoven oder Mozart benötigen
    dringend deiner Verbesserungen. Das Publikum wird beglückt sein von deinem
    hinreißenden Talent. 
      
    Sollte bei
    einem Konzert einem Kollegen ein Fehler unterlaufen, dann grinse
    schadenfroh, denn dir kann so etwas ob deiner Unfehlbarkeit nicht passieren
    und das Publikum wird überzeugt sein, dass du auch etwas davon verstehst.
    Falls es dem Dirigenten gelingt, den Taktstock nach dem Täter zu werfen,
    dann wird sich das Publikum ob eines solchen elementaren Energieausbruchs zu
    spontanem Beifall hinreißen lassen. Nach Beendigung des Stückes beginne
    eine lebhafte Debatte, denn so etwas muss besprochen werden. Sollte einem
    Zuhörer der Fehler entgangen sein, so erfährt er es dadurch noch nachträglich
    - er hat ein Recht darauf. 
      
    In einer
    Konzertpause rauche hinter der Bühne möglichst reichlich, denn erstens
    wurden die Feuerschutzmaßnahmen (die du selbstverständlich als lächerlich
    abtust), für die anderen, aber nicht für dich geschaffen und zweitens wird
    eine ungeheure Wirkung damit erzielt, denn wenn sich dann der Vorhang wieder
    öffnet und die Rauchschwaden ziehen gespenstisch über die Bühne, kann
    sich der Zuhörer mit einiger Phantasie leicht in eine Götterdämmerung
    oder Walküre versetzen. Er wird sich dem Raucher für diese unverhoffte Überraschung
    zu innigem Dank verpflichtet fühlen.
	
      
    Nach
    Beendigung der Probe eile sofort nach Hause. Kameradschaft oder Geselligkeit
    überlasse den anderen. Solche Tugenden sind gegen die Vereinsbestimmungen.
	
      
    Befolge diese
    Ratschläge und du bist stets und überall ein gern gesehener Musikkollege!
	
     (Aus "Österreichische
    Blasmusik“ - von E. Gerber)
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